Mein Tagebuch aus Sydney

19. Oktober

Am 11. Oktober reiste das Swiss Paralympic Team ohne mich nach Sydney zu den
11. Paralympics. Wegen eines kurzen Spitalaufenthaltes meines 10-jährigen
Sohnes Roman hatte ich mich entschieden, kurzfristig anzureisen. Etwas
Bedenken hatte ich schon, erst zwei Tage vor meinem ersten Einsatz in Sydney
einzutreffen - nach einer Reisezeit von rund 24 Stunden. Als ich die
Swissair MD-11 nach Singapur bestieg, begrüsste mich der Maître de Cabine
und liess mich zu meiner grossen Freude in der 1. Klasse Platz nehmen. Ich
hatte noch nie einen so tollen Flug und konnte die Nacht praktisch
durchschlafen. Bereits auf dem Flughafen in Sydney erhielt ich meine
Akkreditierung für die Paralympics und wurde von einer schweizerdeutsch
sprechenden Hostesse erwartet und ins Olympische Dorf gebracht.

Nach einem kurzen Mittagsschläfchen begann das Stelldichein für die
Eröffnungsfeier. Es war kühl und regnete leicht. Wir hatten uns angezogen,
als würden wir an Winterspielen teilnehmen. Ich hatte nicht vor, bis zum
Schluss der Eröffnungsfeier dabeizusein und verliess das Team ziemlich früh
und schaute mir die Zeremonie am Fernseher an. Um in richtige
Olympiastimmung zu kommen, war ich wohl zu müde, trotzdem faszinierten mich
die Bilder vom ausverkauften Olympiastadion und natürlich auch der Moment,
als Louise Sauvage das Paralympische Feuer entfachte.

Abgesehen vom Wetter gab es rundum positive Eindrücke an meinem ersten Tag
in Sydney. Über eine Million Eintrittskarten wurden bereits verkauft. Es
steht also heute schon fest, dass dies bisher die meistbeachtesten
Olympischen Spiele der Behinderten sind und ich bin überzeugt, dass es an
der Schlussfeier heissen wird: The best games ever!

20. Oktober

Endlich kommt die Sonne zum Vorschein. Viel war ich noch nicht an der
frischen Luft. Zuerst musste ich meine beiden Rennmaschinen zusammenbauen.
Beide Rennstühle habe ich demontiert in einer grossen Kartonbox
transportiert. Am 19. nachmittags stand nun das erste und einzige Training
vor meinem Einsatz auf dem Programm.

Unser Einfamilienhaus, in dem wir 12 hausen, liegt sehr nahe bei der
Busstation und dem Esszelt, auch zum Olympiastadion ist es nur etwa 10
Minuten mit dem Rennstuhl. Auf dem Weg zum Trainingsstadion zeigte mir Guido
Müller den Schlussteil der Marathonstrecke. Eine Besichtigung des Rests
werde ich an einem meiner freien Tage bestimmt noch vornehmen.

Das Trainingsstadion ist recht gut besucht. Ich treffe gute Freunde, wie den
Südafrikaner Ernst van Dyk, der mir in Zürich das Tempo für den
1500m-Weltrekord machte. Er ist über 400 und 800m mein Favorit. Auch die
Franzosen, die nach Monatsanfang in Neu-Kaledonien trainierten, sind da. Ich
drehte ein paar Runden mit Jorge Luna, dem Mexikaner, mit dem ich schon im
Juli in Atlanta eine Woche trainierte. Ich spreche kein Spanisch, er kaum
Englisch, aber wir verstehen uns blendend.

Das Swiss Athletic Team ist fast komplett anwesend - nicht zufällig, denn
wir wollen die Übergaben für die 4 x 400m-Staffel üben. Als Schlussfahrer
übernahm ich nur gerade einmal von Guido. Die Starts mag ich nämlich nicht
besonders und die Belastung für meine lädierte Schulter wollte ich so klein
wie möglich halten. Fast alle Leichtathleten werden am 20.10. im Einsatz
sein. Ich war sehr zufrieden mit meinem kurzen Training und fühlte mich sehr
gut. Auch mit meinem Material war alles in Ordnung und ich kann
zuversichtlich die Startliste für die 10'000m studieren.

21. Oktober

Freitag, mein erster Wettkampftag. Guido, mein Zmmerkollege, hatte den
Wecker auf 7 Uhr gestellt, weil er sich auf seinen 400m-Vorlauf vorbereiten
musste, der auf halb elf angesetzt war. Ich ging mit ihm frühstücken. Um 8
war das riesige Esszelt schon stark belegt. Rund um die Uhr ist es offen,
sogar einen Mc Donald's hat es. Alles ist gratis, wir müssen bloss unsere
Akkreditierung beim Eingang zeigen und können uns an den vielen
verschiedenen Buffets bedienen.

Mein Rennmaterial hatte ich am Vorabend schon bereitgestellt, obwohl das
Rennen erst um halb sechs stattfand. So hatte ich genügend Zeit, um die
Vormittagsrennen im Stadion anzusehen. Nach meiner Schätzung waren über
20'000 Zuschauer im Stadion. Guido konnte sich über 400 m nicht für den
Halbfinal qualifizieren. Die Zeiten blieben generell langsamer als erwartet.
Schade, ich hatte gehofft, dass es - wie in Zürich - eine ultraschnelle Bahn
sein würde. Da hätte ich mit meinen gut 80kg eher einen Vorteil gehabt (
wenn das Fässchen rollt...). Wie weicher die Bahn und wie schwerer der
Athlet ist, desto tiefer drückt der Pneu in den Kunststoffbelag, was mehr
Rollwiderstand bedeutet. Also war ich vorgewarnt für meinen 10'000er.

Wieder zurück im Olympischen Dorf ass ich noch einen Teller Teigwaren und
hielt ein kurzes Mittagsschläfchen. Um halb vier liess ich mich per Bus zum
warm-up-Stadion chauffieren. Die Schweizer Fahne markierte unseren
Standplatz und war von weitem zu sehen. 40 Minuten vor dem Start meldete ich
mich im "First Call". Ich war im zweiten Halbfinal und konnte den
Ersten mitverfolgen. Er war sehr langsam, niemand wollte Tempo machen.. Ich
freute mich darüber, weil sich jeweils die ersten Vier direkt sowie weitere
vier Zeitschnellste für den Final qualifizieren.

Das hiess, dass selbst noch ein achter Rang für die Finalqualifikation
reichen könnte. Das wussten natürlich auch meine Kollegen, so dass sich alle
sich an der Führungsarbeit beteiligten. Tatsächlich kamen aus unserem
Halbfinal die ersten acht in den Final. Ich fuhr als Zweiter ein, ohne viel
Energie verbraucht zu haben, was enorm wichtig ist, da der Final bereits in
24 Stunden stattfinden wird. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen. Aber
noch mehr freue ich mich darüber, dass ich mit meiner Schulter keinerlei
Beschwerden mehr habe.

22. Oktober

Eine Silbermedaille, die Gold wert ist.
Ich weiss gar nicht, ob ich überhaupt eine Medaille erwarten durfte. Erst
den 3. Tag in Sydney und mehr als fünf 10'000er auf der Bahn bin ich in
meinem ganzen Leben noch nicht gefahren. Aber wenn ich keine
Medaillenchancen für mich gesehen hätte, wäre ich gar nicht an den Start
gegangen. Ich habe ohnehin ein hartes Programm. Ich hatte mir vorgenommen,
mich defensiv zu verhalten und bei Angriffen nur mitzugehen, wenn mehrere
Fahrer weg wollten.

Als der Thailänder, der seine Stärken schon im August an den
Schweizermeisterschaften zeigte, einen Angriff lancierte, ging niemand mit.
Ich war zu diesem Zeitpunkt etwa an sechster Position und es hätte enorm
viel Kraft gebraucht, die mir am Schluss gefehlt hätte. Mein Ziel war eine
Medaille, und das kann ich immer noch erreichen, nur die Goldene wäre weg.
Ich dachte mir, wenn jemand unbedingt Gold will, dann muss er jetzt etwas
dafür tun. Thomas Gerlach, der Däne, hatte es probiert und war gescheitert.

Heinz Frei reagierte viel zu spät und zu wenig energisch. Als die
drittletzte Runde angezeigt wurde, war Gold definitiv vergeben. Ich verhielt
mich wie in einem 1'500-m-Rennen. Zwei Runden vor Schluss schob ich mich an
die zweite Position. Heinz hielt das Tempo hoch. Ich blieb etwas hinter ihm
auf Bahn zwei und wusste, dass Heinz bei seinen häufigen Angriffen viel
Kraft verbraucht hatte. 300m vor dem Ziel lanciert ich den Sprint und zog
vor Heinz auf Bahn eins in die Kurve. Als ich das erreicht hatte, wusste
ich, dass ich eine Medaille gewinnen würde und bekam Flügel.

Meine Wunschvorstellung ging in Erfüllung. Ich habe immer betont, dass ich
mich auf den Marathon konzentrieren möchte und nun, mit einer Silbermedaille
im Rücken, habe ich nicht mehr den grossen Druck, unbedingt gewinnen zu
müssen.


23. Oktober

Auch wenn ich mich gestern bei meinem fünften Tag in Sydney sehr schlapp
fühlte und den sogenannten Jetlag spürte, habe ich die 800m-Rennen gut
überstanden. Zugegeben, den Vorlauf absolviert eich als Vierter nicht gerade
suverän, aber immerhin kam ich als Zeitschnellster in den Halbfinal.

Dort ging dann die Post ab. Als Langsamstarter musste ich in der zweiten
Runde auf Bahn drei und vier am Feld vorbei, um auf der Zielgeraden noch
eine Chance zu habe. Ich konnte meinen hohen Speed in der Kurve mit auf die
Zielgerade nehmen und fuhr noch bis auf Platz zwei vor. Dass der Australier
Kurt Fearnley gewann, war im gutbesetzten Stadion unüberhöhrbar.

Es ist schon sensationell, was diese Australier hier auf die Beine gestellt
haben. So eine tolle Organisation habe ich noch nie erlebt. Zum Beispiel
habe ich heute Morgen meine Wäsche in einem speziellen Wäschesack abgegeben
und heute Nachmittag konnte ich sie bereits wieder trocken und schön
zusammengefaltet abholen.

Obwohl es im riesigen Esszelt wirklich alles gibt - sogar Magnum-Glace -
steht vor unserem Haus, wie auch an anderen Orten, eine kleine mobile
Kaffeebar, wo man gemütlich über den Mittag einen Expresso trinken kann und
auch noch ein Stückchen Kuchen bekommt - alles gratis natürlich. Und man
wird mit einer Freundlichkeit bedient, wie man dies bei uns in der Schweiz
höchstens als Stammgast erlebt, der jedes Mal viel Trinkgeld gibt. Doch
nicht nur an der Kaffeebar, sondern überall habe ich die Australier als
überaus freundlich und hilfsbereit erlebt. Es wird alles für unser
Wohlbefinden gemacht und ...ich fühle mich sehr wohl.

Eigentlich wollte ich heute einmal lange ausschlafen, aber im sehr billig
gebauten Haus hört man jedes Geräusch und mindestens einer hat am Morgen
immer einen Wettkampf zu absolvieren. So gingen Guido und ich kurz nach acht
Uhr frühstückten und reparierten anschliessend unser Rennmaterial. Ich
musste den rechten Treibreifen mit einem neuen Gummi überziehen. Eine eher
mühsame Angelegenheit. Bis um 13 Uhr arbeiteten wir an unseren Stühlen.

25. Oktober

Obwohl ich noch keinen Hunger hatte, musste ich etwas essen, da um halb
sechs mein 5'000er-Final auf dem Programm stand. Ich fühlte mich sehr gut
und locker wie selten zuvor. Ich hatte mir vorgenommen, jedes Tempo
mitzugehen, aber erst in der letzten Runde anzugreifen, obwohl ich dann den
längeren Weg auf Aussenbahn in der letzten Kurve machen musste. Ich nahm das
in Kauf, weil ich so dem Gerangel und eventuellen Crashes aus dem Weg gehen
konnte. <BR>

Es lief alles planmässig. Mit fast 35 km/h kam ich aus der letzten Kurve.
Ich war noch nie so schnell, aber es reichte trotzdem nicht. Bei 800m waren
es acht Hundertstelsekunden, die mir für Bronce gefehlt haben, diesmal wurde
ich vierter mit neun Hundertstelsekunden Rückstand. <BR>>

Ich hatte gegeben, was ich konnte. Prawat, der Thailänder fuhr sensationell,
er ist eine Klasse für sich, das muss ich neidlos anerkennen. Wie stark die
Konkurrenz ist, sieht man auch daran, dass Heinz Frei oder Krige Schabort,
die sich wahrscheinlich sogar Medaillenchancen ausrechneten, den Final der
12 Besten nicht erreichten.

Enttäuscht bin ich nicht, im Gegenteil, ich freue mich darüber, dass ich in
einer super Form bin, was ich auch 3 Stunden (!) nach dem 5000er in der
4x400-m-Staffel unter Beweis stellen konnte. Ich fuhr den schnellsten 400-er
meines Lebens. Als grosse Aussenseiter schafften wir mit Glück den Einzug
ins Finale und starten am Freitag mittag gegen Thailand, Deutschland und
Frankreich. Um Medaillenchancen zu haben, müssten wir uns nochmals gewaltig
steigern und auf gute Wechsel hoffen. Wenn's normal läuft werden wir Vierte.
Wir haben nichts zu verlieren - Vollgas!

26. Oktober

Eine Medaille wäre eine riesige Sensation gewesen. Der Rückstand, mit dem
ich als Schlussfahrer der 4x400m-Staffel auf die letzte Runde geschickt
wurde, war einfach zu gross, mehrere Sekunden. Ein weiterer vierter Rang!
Trotzdem, es war ein tolles Erlebnis, denn im Stadion waren fast 50'000
Zuschauer. Dies hatte ich bisher nur bei Einlagerennen erlebt. Aber noch nie
war ein so grosser Publikumsaufmarsch nur wegen uns - das ist beeindruckend.

Nach kurzem Ausfahren massierte mich Regula Merkt und behandelte meine
Schulter prophilaktisch. Auf dem Schragen schlief ich fast ein. Gestern
wurde es spät. Erst nach Mitternacht war ich unter der Dusche. So gönnte ich
mir nach einer Pasta-Mahlzeit ein ausgiebiges Mittagschläfchen - das tat
gut! Normalerweise nicke ich nur kurz ein und bin nach 20 Minuten wieder
erholt. Diesmal schlief ich fast zwei Stunden, dank den Ohrstöppseln, die
ich vom Swissair-Flug übrig hatte.

Bei unserer Team-Physio ging ich um 4 Uhr "Handauflegen". Nein, es ist nicht
Uriella, das ist nur ein kleines Spässchen mit Lene, weil sie jeweils meine
Schulter zentriert und das geschieht fast kraftlos und sieht aus wie
Handauflegen, aber wirkt sensationell.
Noch vor ein paar Tagen wollte ich wegen meiner lädierten Schulter auf das
800 und das 5000m Rennen verzichten, um meine Chancen im Marathon nicht zu
beeinträchtigen. Inzwischen geht es mir so gut, dass ich in Bestform bin.
Mein Pech ist nur, dass der Mondo-Belag im Olympia-Stadion zu weich ist.
Aber das könnte sich ja wieder ausgleichen - vielleicht habe ich ja das
Glück, dass die Marathonstrecke auf mich zugeschnitten ist.

27. Oktober

Gestern Morgen fuhr ich meinen 1500m Vorlauf und am Abend den Halbfinal.
Noch vor 4 Jahren wäre das ein eher gemütlicher Tag gewesen. Heute nicht
mehr. Bereits in den Vorläufen schieden Topleute aus, wie beispielsweise der
Deutsche Ralph Brunner, der Sieger des 1500-m-Rennens bei Weltklasse Zürich
vom letzten Jahr. In den Halbfinals erwischte es sogar Prawat, den
Topfavoriten und zweifachen Goldmedaillengewinner aus Thailand und auch den
Russen Iwanov, der mir im 5000-m-Rennen eine Medaille wegschnappte.

Die Leistungsdichte in der höchsten Kategorie ist enorm, nicht nur bei uns,
auch bei den Frauen. Wer nicht in den letzten zwei Jahren an den wichtigsten
internationlalen Wettkämpfen dabei war, hat die Entwicklung verschlafen. An
den grossen Rennen in USA, wie etwa die America Series mit dem Peachtree
Road Race, war die ganze Welt am Start. Von Japan, Neu Seeland, Südafrika
über Mexiko, Canada, einfach alle. Aber letztes Jahr war ich der einzige
Schweizer.

Viele Weltrekorde fielen und Stars wie Jeff Adams oder Ernst van Dyk
platzierten sich auf Rang 14 bzw. 17. Der damals 18-jährige Australier Kurt
Fearnly fuhr in die ersten 10. Auch drei junge Mädchen aus USA sind
aufgefallen mit neuen Techniken. Es war vorauszusehen, dass diese Leute in
Sydney ganz vorne sein würden. Dieses Jahr konnte ich wenigstens Guido
Müller überzeugen, dass er mich begleitete. Aber was nützt es, wenn wir
beiden Oldies dabei sind. Klar, für mich persönlich ist es ein riesiger
Erfolg, immer noch an der Weltspitze mitzumischen, aber unsere Jungen und
unsere ambitionierten Frauen müssten sehen, was dort läuft.

28. Oktober

Ein richtiger Run auf die blauen, mit Sydney 2000 beschrifteten Bettüberzüge
ist entbrannt. Es ist offiziell bekanntgegeben worden, dass jeder sein Duvet
als Erinnerung behalten darf. Ab heute heisst es Zimmer schliessen, sonst
ist das Duvet weg.
Die letzte Nacht werden wir wohl frieren, denn das Gepäck musste bereits vor
der Schlussfeier bereitstehen. Ich weiss nicht, wie ich das schaffen soll,
denn ich musste meine beiden Rennstühle demontieren und zusammen mit meinen
anderen Sachen in eine grosse Box packen, die Rennrahmen aber zuerst.

Vor meinem 1500-m-Final vom Samstag Abend wollte ich mich nicht ums Gepäck
kümmern, sondern mich voll und ganz auf mein Rennen konzentrieren. Zwei Mal
verpasste ich die Medaille um nur 8 respektive 9 Hundertstelsekunden, weil
ich die Zielkurve auf Bahn drei oder vier fahren musste. Mein Plan war es,
wenn möglich die Führung zu übernehmen. Nach der ersten Runde wurde das
Tempo langsamer und es ergab sich für mich eine Gelegenheit, anzugreifen.
Zwar etwas früh, aber besser als gar nicht. Ich wusste, wenn ich einmal Bahn
eins habe, werde ich eine Medaille gewinnen. Ich kämpfte um Gold, war aber
nach der langen Führungsarbeit im Sprint nicht mehr so schnell. Trotzdem
reichte es für Silber und ich war sehr zufrieden.

Noch im Stadion schraubte ich meine Rennräder auf meine Strassenmaschine,
die ich im September speziell für dieses Rennen anfertigen liess. Ich fuhr
auf der Strasse ins Olympic Village zurück, damit ich sicher war, dass mit
meinem Gerät für den Marathon am Sonntag Morgen alles klar ist.

29. Oktober

Sonntag Morgen, Tagwache um 5 Uhr. Eine Viertelstunde später wurden unsere
Rennstühle abgeholt und zum Start transportiert. Kurz vor 6 Uhr ass ich eine
Schale Kornflakes und eine Banane, bevor ich den Athletenbus zum Startareal
bestieg.
Die Vorbereitungen waren fast schon Routine. Um 8.45 musste wir bei unserem
Startplatz sein, der aufgrund der persönlichen Bestzeiten gesetzt wurde.
Punkt 9 Uhr der Startschuss. Da es kurz nach dem Start eine schnelle Abfahrt
mit einer scharfen Linkskurve bei Kilometer eins hatte, wurde das Rennen mit
einem Safty-Car neutralisiert und erst nach der Linkskurve freigegeben.
Schade, als bester Abfahrer hätte ich bis dorthin bereits einige Sekunden
herausholen können.

Meine Taktik auf dem sehr schwierigen Kurs war klar. Bei der ersten Abfahrt
wollte ich eine Attacke lancieren, um einen Vorsprung für die anschliessende
Steigung herauszufahren. Mit meinen 80 kg Körpergewicht weiss ich, dass ich
nicht der schnellste Bergfahrer sein kann. Trotzdem konnte ich etwa 50 m
Vorsprung auf die Harbor Bridge retten und ihn bei der anschliessenden
Abfahrt weiter ausbauen. Schon zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass meine
Chancen sehr gut stehen.

Ich fühlte mich sehr gut und sprintete fast in jede Abfahrt hinein. Unmso
schneller ich beim Beginn der Abfahrt bin, desto schneller wird meine
Höchstgeschwindigkeit unten sein, wo ich dann mit viel Schwung in die
nächste Steigung hineinfahren konnte.
Mit fast 5 Minuten Vorsprung auf einen meiner besten Freunde, den in Atlanta
lebenden Südafrikaner Krige Schabort, konnte ich meinen Marathon Titel von
Atlanta 96 verteidigen. Das war mein Traum, der hier in Sydney in Erfüllung
gegangen ist der und für mich schon vor der Schlussfeier den krönenden
Abschluss einer tollen Paralymics darstellte.
The best games ever!




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